Ausbreitung von Radiowellen und technische Ratschläge für den Empfang

Radio über Mittelwelle

Wenn von Radio die Rede ist, versteht man darunter die drahtlose Übertragung von Sprache und Musik mittels elektromagnetischer Wellen, die von Sendern über Antennen abgestrahlt werden. Auf dem Weg von der Sendeantenne zum Empfänger unterliegen diese Wellen unterschiedlichen Einflüssen, die stark frequenzabhängig sind und somit zu differenziertem Ausbreitungsverhalten führen.

Prinzip der Mittelwellenausbreitung mit einer Boden- und RaumwelleJe nach Größe der Sendefrequenz spricht man von Lang-, Kurz-, Mittel- oder Ultrakurzwellen. Die Frequenz der Mittelwellen liegt im Bereich von 525 kHz bis 1606 kHz mit einem Senderabstand von 9 kHz. Durch diesen Abstand werden Störungen der Sender untereinander reduziert. Mittelwellen breiten sich über Boden- und Raumwellen aus (Abb.1). Während die Bodenwellen der Erdkrümmung folgen und deren Reichweite von der Bodenleitfähigkeit sowie Sendeleistung abhängt, werden die Raumwellen in die Erdatmosphäre abgestrahlt. Am Tage sind hauptsächlich die stärkeren Bodenwellen für den Empfang von Bedeutung. Mit Einbruch der Dämmerung gewinnen auch die Raumwellen an Einfluß, da diese nunmehr an verschiedenen Schichten der Erdatmosphäre reflektiert und somit auch in weiter Entfernung vom Sender empfangen werden können. Daraus erklären sich der weitestgehend ungestörte Tagesempfang eines Ortssenders und die unangenehmen Überlagerungen mit anderen Sendestationen in den Abend- und Nachtstunden. Dieser „Wellensalat" ist auch durch eine Vergrößerung der Sendeleistungen nur begrenzt zu verbessern, da auf diese Weise die Störwirkung der Sender untereinander zunimmt.

Ein weiterer Effekt, der bei der Ausbreitung von Mittelwellen häufig beobachtet wird, sind Lautstärke- oder Empfangseinbrüche beim Durchfahren von Brücken. Dafür sind die Metallkonstruktionen verantwortlich, die zu einer zusätzlichen Dämpfung der Wellen führen. Auch die Stahleinlagerungen in Plattenbauten sorgen dafür, daß oftmals bereits der „Ortssender" durch diese Abschirmung schwer empfangbar wird. Hier hilft dann manchmal nur der Anschluß einer Außenantenne oder eines Stück Drahtes (1 m) an die Antennenbuchse des Empfängers.Nicht zuletzt sorgen auch Brumm- und Prasselgeräusche für Empfangsbeeinträchtigungen. Besonders häufig kann man dies in dichtbebauten Stadtgebieten, bei AnnähFerritantenne, wie sie in vielen Empfängern eingebaut ist erung von Straßenbahnen oder unter Hochspannungsleitungen feststellen. Die Ursache liegt im physikalischen Prinzip der Signalübertragung begründet. Neben dem Nutzsignal werden auch Störungen elektrischer Geräte, die im gleichen Frequenzbereich auftreten, vom Radio empfangen und hörbar gemacht. Abhilfe kann eine Richtantenne (Ferritantenne) schaffen, die zu einer Verbesserung des Signal-Störabstandes führt.

Zusammenfassend darf festgehalten werden, daß Mittelwellen wegen der ausgeprägten Bodenwelle und ihres guten Durchdringungsvermögens sowohl für stationären als auch mobilen Empfang (Kofferempfänger, Autoradios) geeignet sind und im Vergleich mit UKW-Sendern gleicher Leistung eine größere Reichweite erzielen. Gleichwohl sind bei der Empfangsqualität deutliche Abstriche zu verzeichnen. Sie kann heutigen Anforderungen kaum genügen.

Prinzip einer abstimmbaren RahmenantenneObwohl durch die Ausstattung der Empfänger auch hier noch Verbesserungen möglich wären, wird durch viele Gerätehersteller der Mittelwellenempfang stark vernachlässigt. Selbst Empfänger der gehobenen Klassen entsprechen nicht immer dem heute technisch Machbaren. Dem interessierten Mittelwellenhörer bleibt deshalb oftmals nur die Verwendung einer zusätzlichen Antenne. Neben der bereits erwähnten Ferritantenne bringt auch eine abstimmbare Rahmenantenne (Abb.3) gute Empfangsergebnisse. Beide Antennenarten nutzen die magnetische Komponente der elektromagnetischen Wellen. Durch Drehen dieser Antennen in Richtung des gewünschten Senders können die Empfindlichkeit der Empfänger gesteigert und eventuelle Störungen stark minimiert werden.

Rundfunkempfang über UKW

Prinzip der UKW-Ausbreitung am Beispiel zweier Raumwellen, direkte Sicht (Empfänger I) und Streuempfang(Empfänger II)Die Frequenz der ausgesendeten Wellen im UKW-Band ist höher als bei der Mittelwelle. In Europa wird UKW-Rundfunk im Frequenzbereich von 87,5 bis 108 MHz im Abstand von 100 kHz gesendet. In diesen Frequenzbereichen breiten sich Funkwellen ähnlich dem Licht aus, d.h. der Versorgungsbereich eines Senders liegt hauptsächlich innerhalb der Sichtverbindung zwischen Sende- und Empfangsantenne. Eine Versorgung über die Bodenwellen wird durch die hohe Dämpfung bedeutungslos. Die Raumwellen werden in der Atmosphäre nicht mehr reflektiert. Lediglich durch Streu- und Beugungseffekte kann ein UKW-Sender auch noch hinter dem eigentlichen Sichthorizont oder auch Hindernissen in verringerter Stärke gegenüber dem direkten Weg empfangen werden. Wie weit dies möglich ist, hängt von der Höhe der Sendeantenne und der Strahlungsleistung des Senders ab (Abb. 4). Prinzip der UKW-Ausbreitung Raumwellen Abb. 4 Prinzip der UKW-Ausbreitung am Beispiel zweier Raumwellen, direkte Sicht (Empfänger I) und Streuempfang (Empfänger II)

Auf ihrem Weg vom Sender zum Empfänger werden die Wellen stetig gedämpft, an Hindernissen (Berge, Häuser) gebeugt und reflektiert. Auf diese Weise können am Empfänger sowohl die direkte Welle als auch deren reflektierte Anteile eintreffen. Weiter entfernte Sender auf den gleichen oder benachbarten Frequenzen können am Empfänger zusätzlich einwirken. Je nach Stärke der einzelnen Wellenanteile kommt es zu Überlagerungen und somit zu Empfangsstörungen. Eine Vergrößerung der Sendeleistungen kann hier kaum etwas verbessern. Besonders der mobile Autoradioempfang ist davon betroffen, da sich die Empfangsverhältnisse hier ständig verändern. Dies kann jeder Hörer in dichtbebauten Städten oder in Tallagen selbst feststellen, wenn der gewünschte Sender plötzlich kurzzeitig verschwindet oder durch andere Stationen überlagert wird. Bei noch höheren Sendefrequenzen (UHF-Bereich, hier arbeiten viele Fernsehsender) werden die beschriebenen Effekte noch ausgeprägter.
Mit welchen Maßnahmen solcherart Störungen minimiert werden können, ist weiter unten nachzulesen.

Prassel- und Brummgeräusche treten beim UKW-Empfang bei ausreichender Stärke der ankommenden Wellen nicht mehr auf, da ein anderes Modulationsverfahren eingesetzt wird. (Modulation = Aufprägen der Information, also Sprache, Musik usw. auf die vom Sender abgestrahlte Welle). Durch dieses Verfahren können im Radio die auf dem Übertragungsweg vom Sender zum Empfänger aufgenommenen Störungen (s. Radio über Mittelwelle) wieder eliminiert werden.

Dadurch und wegen der weitaus höheren Übertragungsbandbreite (Übertragungsbandbreite = Breite des Sendekanals in kHz) liegt die Empfangsqualität von UKW-Rundfunk im Vergleich zur Mittelwelle um ein Vielfaches höher. Vor allem bei Übertragungen von Musiksendungen mit hoher Dynamik, sind die Vorteile von UKW erkennbar (Dynamik = Anteile zwischen starken und schwachen Signalen im Sendekanal). Da die Reichweite und die Sendeleistung von UKW-Sendern begrenzt sind, werden für die flächendeckende Programmversorgung innerhalb eines Landes im allgemeinen mehrere Sender erforderlich, die wegen der bereits beschriebenen Effekte auf unterschiedlichen Frequenzen arbeiten müssen. Deshalb wird es beim Autoradioempfang öfter notwendig, eine neue Frequenz zu wählen. Mit Hilfe des RDS (RDS = Radio Daten System), bereits seit vielen Jahren im UKW-Rundfunk eingeführt, sind die damit ausgestatteten Empfänger in der Lage, diesen Vorgang automatisch auszuführen.

Ratschläge für den UKW-Empfang

Grundlagen

UKW-AntenneRichtantenne UKW mit Dipol Abb. 1 Ausführung einer Antenne, wie sie der UKW-Versorgung zugrunde liegt Um die besonderen Bedingungen beim UKW- und Fernsehempfang verständlicher zu machen, seien einige grundsätzliche Bemerkungen vorangestellt. Die Planung von UKW- und Fernsehsendern basiert auf technischen Richtlinien, die neben einer Mindestnutzfeldstärke auch bestimmte Parameter zur Beurteilung von Störwirkungen durch benachbarte Sender festschreiben (Feldstärke = Stärke der am Empfangsort eintreffenden Funkwellen). Zusätzlich wird eine Antenne zugrunde gelegt (Abb.1), die bestimmten Mindestvoraussetzungen genügt. Danach gilt ein Empfangsort als versorgt, wenn bei einer Antennenhöhe von 10 m über Grund die Mindestnutzfeldstärke größer 0,5 mV/m beträgt (mV/m = Maßeinheit für Feldstärke). Das gilt für UKW-Stereoempfang. Während für UKW-Monosendungen schon die Hälfte des Wertes genügt, sind beim Fernsehen höhere Werte erforderlich.

Darstellung des MehrwegeempfangsMit der Mindestnutzfeldstärke wird sichergestellt, daß im UKW-Radio der für eine qualitätsgerechte Wiedergabe notwendige Abstand zwischen Nutzsignal (übertragene Sprache, Musik usw.) und dem im Empfänger erzeugten Rauschen (physikalisch bedingt) vorhanden ist. Die Klassen der verschiedenen Gerätesortimente unterscheiden sich u.a. auch dadurch, mit wesentlich kleineren Nutzfeldstärken auszukommen, ohne Einbußen in der Wiedergabequalität zu haben. Mehrwegeempfang Abb. 2 Schematische Darstellung des Mehrwege- empfangs

Inwieweit aus Sicht der Senderplanung die Störwirkung frequenzbenachbarter Radiostationen in einem Versorgungsgebiet begrenzt werden kann, soll hier nicht weiter verfolgt werden. Aber auch bei einer sorgfältigen und effizienten Planung ist der sogenannte Mehrwegempfang an ungünstigen Standorten nicht zu vermeiden. Abb. 2 zeigt schematisch eine typische Empfangssituation. Neben der direkten Welle erreichen den Empfänger über die Antenne auch reflektierte Anteile. Es können sogar mehrfache Reflektionen auftreten.

Je nach dem zeitlichen Versatz (reflektierte Wellen haben einen längeren Weg und benötigen daher mehr Zeit) und Stärke der Signalanteile, kommt es zu Überlagerungen. Diese können eine völlige Signalauslöschung zur Folge haben oder beim Fernsehen zu „Geisterbildern" führen.

UKW-Hörfunk

In Deutschland werden die Programme der öffentlich-rechtlichen Anstalten für deren Zuständigkeitsbereich in ausreichender Qualität ausgestrahlt, ebenso bei den privaten Rundfunksendern. Möchte man aber auch weiter entfernte Sender (z.B. Lokalsender einer anderen Region) empfangen, so erfordert dies oft einen zusätzlichen technischen Aufwand. Wie Sie durch geeignete Maßnahmen selbst zu optimalen Empfangsbedingungen beitragen können, soll im folgenden dargestellt werden. In der Regel sind die Nutzfeldstärken im Haupt-Empfangsgebiet eines Senders so hoch, daß bereits die Gehäuseantenne am Kofferradio bzw. ein einfacher Dipol ohne Direktor und Reflektor (Abb. 1) für einen qualitätsgerechten Empfang ausreichen. Sollte jedoch Mehrwegempfang auftreten, hilft nur eine Antenne (Abb.1), deren Direktor zum Senderstandort gerichtet wird. Auf diese Weise werden die reflektierten Signalanteile unterdrückt und nur die direkt ankommende Welle vom Empfänger ausgewertet. Die Wirkung wird um so besser, je mehr Direktoren die Antenne besitzt. Gleichzeitig wird damit die wirksame Nutzfeldstärke erhöht, so daß auch weiter entfernte Sender besser empfangbar werden. Da von einem Senderstandort meistens mehrere Programme abgestrahlt werden, bedeutet dies auch keine Einschränkung in der Programmvielfalt.

Wenn reflektierte und direkte Welle oder ein frequenzbenachbarter anderer Sender aus der gleichen Richtung kommen sollten, kann eine noch so aufwendige Antenne kaum Besserung bringen. Hier sind frequenzselektive Antennenverstärker oder Filter erforderlich. Eine Beratung durch den überall im Sendegebiet ansässigen Fachhandel ist anzuraten. Nicht zuletzt sollte darauf hingewiesen werden, daß viele Empfangsprobleme mit Hausantennen in verschlissenen Kabelableitungen oder Steckverbindungen begründet sind.

Quelle: Infoblätter der Technischen Hotline des MDR, Leipzig; überarbeitet ünd ergänzt durch Hans Müller